Das Fernröntgenseitenbild (FRS-Aufnahme) ist die diagnostische Grundlage der Kephalometrie (Schädelvermessung). Das Röntgenbild stellt die Zähne von Ober- und Unterkiefer, das Weichteilprofil und das Kieferskelett dar.
Die Fernröntgenaufnahme ist eine wichtige Ergänzung zum Modellbefund und ermöglicht die exakte Beurteilung der Position und Achsenstellung der Schneidezähne, der Bißlage (Lage des Unterkiefers zum Oberkiefer) und erlaubt eine Wachstumsvorhersage des Gesichtsschädels.
Um Schädelaufbau beurteilen zu können, muß die Darstellung in der Seitenansicht (sogenannte Norma lateralis) erfolgen. Die Medianebene des Kopfes muß möglichst parallel zur Filmebene ausgerichtet sein. Bedingt durch die 3-Dimensionalität des Schädels treten Projektionsfehler auf, die durch einen großen Fokus-Film (Abstand von Röntgenröhre zum Filmmaterial) entstehen. International üblich sind hier 1,5m bis 4m. Ebenso muß der Objekt-Film-Abstand (Abstand Kopf zum Filmmaterial) sehr klein sein. Der zentrale Röntgenstrahl verläuft durch den äußeren Gehörgang. Meßvergleiche und Meß-Sollwerte können nur bei gleicher Einstellung des Zentralstrahls durchgeführt werden. Ein exaktes Fernröntgenseitenbild muß neben den knöchernen Strukturen auch die Gesichtsweichteile kontrastreich darstellen, um das Weichteilprofil beurteilen zu können.
Die Ziele der Interpretation der Meßergebnisse können in folgenden Punkten zusammengefaßt werden: Analyse des Gesichtsschädelaufbaus, Erfassung der Kieferlagebeziehungen, Differenzierung zwischen skelettaler (knöcherner) und dentoalveolärer (zahnbedingter) Anomalie, Analyse der Zahnbeziehungen, Beurteilung der Weichteile unter ätiologischen (ursächlichen) und prognostischen (Ergebnis) Gesichtspunkten.
Voraussetzung für eine aussagekräftige und reproduzierbare kephalometrische Analyse des Fernröntgenseitenbildes ist eine exakte Definition der kephalometrischen Parameter und ein definierter Standard der Röntgenaufnahmetechnik. Die Fachliteratur kennt über 200 kephalometrische Meßpunkte und über 100 kephalometrische Analysen. International haben sich eine Reihe von Analysemethoden durchgesetzt, von denen sich der Behandler eine geeignet erscheinende Auswahl zusammenstellt.
Mittels der kephalometrischen Analyse im Fernröntgenseitenbild kann der Gesichtstyp bestimmt werden. Gesichtstyp und Anomalie (Zahnfehlstellung) sind aber nicht unbedingt korrelativ voneinander abhängig. Bei allen Anomalien finden sich Okklusionsabweichungen und auch ideale Okklusionsbeziehungen. Je nach Relation der Kieferbasen sind dentoalveoläre von skelettalen Anomalien zu unterscheiden.
Eine erfolgreiche Therapie der skelettalen Dysgnathien ist nur während der puberalen Wachstumsphase möglich, eine Korrektur der dentoalveolären Dysgnathie auch zu jedem anderen Zeitpunkt. Spätbehandlungen, im allgemeinen nach dem 16. Lebensjahr, skelettaler Anomalien sind nur durch kompensatorische kieferorthopädische Maßnahmen möglich, bei skelettal sehr ausgeprägten Anomalien sogar nur durch eine kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie.
Prinzipiell können zur Auswertung und Analyse eines Fernröntgenseitenbildes eine transparente Folie mit entsprechender Durchzeichnung oder ein Digitalisiertablett verwendet werden. Alternativ werden heute vermehrt die Röntgenbilder sofort gescannt und anschließend am PC vermessen und analysiert.
Um Vergleiche zwischen verschiedenen Aufnahmen eines Patienten durchführen zu können, muß die Fernröntgenseitenaufnahme immer nach der gleichen Bezugsebene ausgerichtet werden. Gebräuchlich sind Ausrichtungen nach der vorderen Schädelbasis-(NS)-Linie, der Frankfurter Horizontalen oder der BURSTONE-Gesichtshorizontalen.
Um Winkel und Streckenmessungen am Fernröntgenseitenbild vornehmen zu können, benötigt man definierte Bezugspunkte. Die Referenzpunkte werden in skelettale (knöcherne), dentale (zahngebundene), dentoalveoläre (zwischen Knochen und Zahn) und Weichteilpunkte unterschieden.
In der Röntgenvermessung finden anatomische (definierte Schädelstrukturen), röntgenologische (am Schnittpunkt zweier Röntgenschatten) und konstruierte Meßpunkte Verwendung. Voraussetzung für Winkel-, Strecken- und proportionale Vermessungen ist die Definition von röntgenologischen Bezugslinien oder Bezugsebenen. In Abhängigkeit von der bevorzugten Analysemethode werden eine Vielzahl von Winkel- und Streckenmessungen vorgenommen.
Die Meßwerte werden anschliessend mit Normwerttabellen verglichen und der Grad einer Abweichung festgestellt. Die Bestimmung der Ober- und Unterkieferlänge wird bei allen skelettalen Dysgnathien durchgeführt, um Abweichungen zu erkennen, die wichtige Befunde in Hinblick auf Entstehung der Anomalie und Therapiemöglichkeiten darstellen. Die Knochenlänge der Oberkiefer- oder Unterkieferbasis kann für das Alter zu klein oder auch zu groß sein.
Aus der Beurteilung von Schneidezahnachsenstellung und Abstandsmessung zu Referenzlinien resultiert die therapeutisch erforderliche Zahnbewegung der Frontzähne. Die Position der unteren Schneidezähne ist ein Schlüsselfaktor für die Erstellung der Therapieziele. In Bezug auf eine funktionell stabile Okklusion müssen die Schneidezähne in einem entsprechenden Verhältnis zur Knochenbasis des Unterkiefers und in einem bestimmten Winkel zu den Schneidezähnen des Oberkiefers stehen.
Der Gesichtsschädel unterliegt einem bestimmten Wachstumsmuster. Darunter ist ein Wachstum in eine bestimmte Richtung zu verstehen. Es gibt drei verschiedene Hauptwachstumsrichtungen: nach vorn (neutral), nach hinten und unten (vertikal) sowie nach vorn und oben (horizontal). Die Wachstumsrichtung und der damit verbundene Gesichstsschädelaufbau bestimmen maßgeblich über den Schwierigkeitsgrad und das zu erwartende Behandlungsergebnis der kieferorthopädischen Therapie.
Ein Fernröntgenseitenbild wird prinzipiell zum Behandlungsbeginn, während und nach Abschluß der Behandlung angefertigt.
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